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„Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt“, formulierte es einst der Sprachphilosoph Ludwig Wittgenstein sehr treffend. Mit jeder neuen Chinesisch-Vokabel setzt sich also das mentale China-Puzzle ein Stück weiter zusammen. In unserer Chinesisch-Kolumne bringen wir spannende Besonderheiten und aktuelle Entwicklungen zur Sprache.
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Müssen Vegetarier jetzt ganz stark sein? Gleich die Entwarnung: nein. Denn in diesem Beitrag geht es nicht wirklich um den beherzten Biss in ein rohes, blutiges Steak, sondern vielmehr um das „Nagen“ an schwer verdaulicher geistiger Kost. Denn als 生肉 shēngròu – wörtlich „rohes Fleisch“ – werden in Chinas Netzgemeinde ausländische Filme, Serien, Cartoons und Co. bezeichnet, die bisher nur in der Fremdsprache vorliegen, also noch nicht durch entsprechende Übersetzung für das chinesische Publikum „vorverdaut“ wurden.
Wer es nicht abwarten kann und sich solche Clips vorab zu Gemüte führt, nur gewappnet mit ein paar wackeligen Fremdsprachkenntnissen oder – noch schlimmer – unter Zuhilfenahme mehr oder weniger verlässlicher Übersetzungssoftware, hat eben schwer daran zu beißen – oder wie der Chinese sagen würde „nagt an rohem Fleisch“ (啃生肉 kěn shēngròu). Sprachlich mundgerecht gemachte, sprich vorübersetzte Produktionen nennt man entsprechend 熟肉 shóuròu – „gares Fleisch“.
Im Fernsehen und auf den offiziellen Videoportalen in China sind Schriftzeichenuntertitel selbst bei heimischen Formaten Standard, ja manche Hollywood-Produktion wird gar synchronisiert. Doch bei vielem, was über YouTube, Netflix und TikTok an ausländischen Videoschnipseln inoffiziell nach China schwappt, muss erst einmal das Wörterbuch angelegt werden. Dem hat sich eine ganze Armada von Freiwilligen, bestehend aus jungen Fremdsprachenlernern, verschrieben. Sie übertragen neuste Videoclips oft in Windeseile ins Chinesische. Und dies öffnet auch das eine oder andere Nischenfenster jenseits des chinesischen Videomainstreams.
So schaffte es etwa im Jahr 2011/2012 die deutsche Schauspielerin Martina Hill mit ihrer Comedy-Reihe „Knallerfrauen“ in China kurzzeitig zu unverhoffter Berühmtheit, als chinesische Austauschstudenten begannen, Auszüge der SAT1-Serie in Eigenregie unter dem chinesischen Titel 屌丝女士 diǎosī nǚshì ins Chinesische zu übersetzen und online zu stellen. Auf diese Weise wurde deutsche Comedy-Lustigkeit erstmals einem größeren chinesischen Internetpublikum vertraut.
Copyright-mäßig bewegen sich die Hobbyübersetzer natürlich auf äußerst dünnem Eis. Andererseits eröffnen sie als Graswurzel-Initiative sonst kaum zugängliche Nischenkanäle für den Kulturaustausch. Jüngstes Beispiel hierfür ist das deutsche Flirtformat „Princess Charming“ des Streamingdienstes TVNOW – die erste lesbische Datingshow im deutschen Mainstream-TV. Schon nach Ausstrahlung der ersten Folge brodelte Chinas „Untertitelküche“ gehörig und „garte“ Auszüge der Realityshow sprachlich für die eigene LGBTQ*-Community auf. Und die jubelte und gab ihre Freude sogar über Instagram und andere Social-Media-Kanäle direkt an die überraschten deutschen Protagonistinnen weiter. Kulturaustausch einmal ganz anders eben, die sprachliche „Garküche“ macht‘s möglich.
Von Verena Menzel
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