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„Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt“, formulierte es einst der Sprachphilosoph Ludwig Wittgenstein sehr treffend. Mit jeder neuen Chinesisch-Vokabel setzt sich also das mentale China-Puzzle ein Stück weiter zusammen. In unserer Chinesisch-Kolumne bringen wir spannende Besonderheiten und aktuelle Entwicklungen zur Sprache.
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Gender-Sternchen, Doppelpunkt, Binnen-I? Um gendergerechte Sprache müssen sich die Chinesen kaum Gedanken machen! Das liegt schlichtweg an der Natur der chinesischen Grammatik. Denn chinesische Wörter unterscheiden generell nicht nach grammatischem Geschlecht. Auch genusanzeigende Artikel wie “der, die, das” sind Fehlanzeige, genauso übrigens wie zwingende Markierungen für Singular oder Plural.
Spricht also jemand vom 老师 lǎoshī, ist im Gespräch erst einmal völlig offen, ob es sich um eine Lehrerin oder einen Lehrer handelt. Während deutschsprachige Chinesischlerner*innen hier schnell eine Informationslücke wahrnehmen und teils versuchen, durch Nachfragen Geschlechterklarheit zu schaffen, bleiben Chines:innen entspannt. Je nach Kontext und weiterer Erzählung macht sich die chinesische Zuhörerschaft mit der Zeit einfach selbst ein Bild von Protagonist oder Protagonistin und entwickelt eine eigene Genushypothese, die sich dann im weiteren Gesprächsverlauf bestätigt oder eben nicht. Im Zweifelsfall passt der Zuhörer sein mentales Erzählkonstrukt einfach rückwirkend an, da sind Chinesen und Chinesinnen gedanklich flexibel.
Doch ganz aus dem Schneider ist man in China in sprachlichen Genderfragen dennoch nicht! Zwar sind auch chinesische Personalpronomen in der gesprochenen Sprache völlig genderneutral: die Fürwörter “er, sie, es” werden alle identisch als tā gesprochen. Doch im Schriftbild findet eine eindeutige Unterscheidung nach maskulin (他), feminin (她) und neutrum (它) statt. Besonderes Genderkonfliktpotenzial birgt zudem das Pluralpronomen tāmen - “sie”. Denn nur wenn es sich um eine ausschließlich weibliche Personengruppe handelt, taucht das Femininum 她们 tāmen auf. Ist hingegen auch nur ein männlicher Zeitgenosse in einer großen Gruppe von Frauen zugegen, muss grammatisch korrekt das allgemeine - männliche - Pluralpronomen 他们 tāmen verwendet werden.
Eine Gendersackgasse also? Von wegen! In Chinas Internet- und Werbesprache hat man längst eine elegante Lösung gefunden, um das Problem kreativ zu umschiffen. So wird man in China in Onlinetexten oder auf Plakaten nicht selten einfach die lateinischen Großbuchstaben TA oder TAMEN finden - damit kann sich dann jeder angesprochen fühlen. So geht gendern auf Chinesisch!
Von Verena Menzel
Die wichtigsten chinesischen Vokabeln rund um Sexismus und die Geschlechterdebatte...
diēwèir
"Daddy-Duft"
àirén
"iMenschen"
fàngyáng
"das Schaf rauslassen"
rénshè bēngtā
"Rollen-Kollaps"
hǔbèi-xióngyāo
"Tigerrücken & Bärentaille"
bānzhuān
"Backsteine schleppen"
zhínán’ái
"Chauvi-Cancer"
hǎiwáng
"Poseidon-Playboy"
hěn cài
"Voll gemüsig"
xiānán
"Garnelen-Guys"
kāichē
"Anzügliche Autofahrten"
chuànmén
"Besuchsmarathon"
tùnián
"Hasenjahr"
huángtáo guàntóu
"eingelegte Pfirsiche"
tuōkǒuxiù
"Stand-up-Comedy"
bēiguō
"Topfträger"
dàijià
"Vertretungsfahrer"
xiéyīngěng
"Wortspiele"
guāzǐliǎn
"Guazi-Kult"
zhìyù
"So geht Entschleunigung in China"
fàng gēzi
"Tauben fliegen lassen"
tiàocáo
"Futtertrog-Hopping"
diàndēngpào
"(überflüssige) Glühbirne"
hǔnián
"Tiger, Tiger, Tiger"
bàofùxìng xiāofèi
"Rachekäufe"
yǒngyuǎn de shén
"YYDS"
shuāngshíyī
"Doppelelffest"
xxxu
"Pssst!"
sùliào pǔtōnghuà
"Plastikchinesisch"
fěnsī
"Fannudeln"
tiáoxiū
"Ruhetagwechsel"
dǎ mǎsàikè
"ein Mosaik legen"
dǎ jiàngyóu
"Sojasoße schlagen"
pèngcí
"Porzellan anstoßen"
báicàijià
"Chinakohlpreise"
biāotídǎng
"Klickköder-Clique"
wūlóngqiú
"Oolong-Tor"
fānchē
"Karriere-Crash"
xuéxí-ing
"lern"-ing"
méng
"Mengmania"
zhòngcǎo
"Gräschen pflanzen"
tǎngpíng
"flachliegen"
mōyú
"Fische tätscheln"
bīngxiù
"Eisärmel"
kěn shēngròu
"rohes Fleisch nagen"
fán'ěrsài
"einen auf Versailles machen"
máodùn
"Von wegen Gegensätze"
bǐxīn
"Herzensschnipper"
duō hē rèshuǐ
"Trinkt mehr warmes Wasser!"
bèi lǜ le
"gegrünt werden"
jīwá
"Aufgehuhnte Kinder"
biǎoqíng
"Chinesische Emoticons"
TA
"Gendern auf Chinesisch"
chībō
"Essens-Livestream"
wǎnghóng
"Influencer, Internetstars"
Sprachliche und kulturelle Vorurteile knacken - mit unserem Chinesisch-Kompaktkurs für Einsteiger!