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„Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt“, formulierte es einst der Sprachphilosoph Ludwig Wittgenstein sehr treffend. Mit jeder neuen Chinesisch-Vokabel setzt sich also das mentale China-Puzzle ein Stück weiter zusammen. In unserer Chinesisch-Kolumne bringen wir spannende Besonderheiten und aktuelle Entwicklungen zur Sprache.
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Manche Mimik sagt mehr als tausend Worte. Ein Lächeln sorgt in Ost wie West gleichermaßen für gute Stimmung und positive Reaktionen. Wie aber sieht es aus, wenn man die Gesichtsausdrücke in die digitale Welt überträgt, in Form von Emoticons bzw. Emojis? Ob nun WhatsApp oder WeChat - Europäer und Chinesen bedienen sich gleichermaßen gerne digitaler „Smileys“, auf Chinesisch 表情符号 biǎoqíng fúhào (wörtl. „Mimikzeichen“) oder 表情贴纸 biǎoqíng tiēzhǐ („Mimiksticker“) genannt, oder in der Umgangssprache ganz einfach 表情 biǎoqíng. Doch auch bei der Digitalmimik gibt es tatsächlich einige Kulturunterschiede zu beachten. Oder wüssten Sie, was es bedeutet, wenn Ihnen ein chinesischer Gesprächspartner ein genüsslich Wassermelone verspeisendes Emoticon schickt? Oder einen Schweinskopf? Geschweige denn einen tanzenden Pinguin oder – oh Gott – das Handzeichen für die Zahl 6 in teuflisch-dreifacher Ausführung „666“?
Im Vergleich zum Umfang des Standard-Sticker-Repertoires, das sich in WhatsApp auffaltet, ist die Basisauswahl der Messanger-App WeChat fast noch niedlich. Doch auch hier stehen immerhin 109 verschiedene Varianten zur Auswahl. Und einige davon haben Insider-Faktor!
So etwa besagter Wassermelonen-Smiley, der erst 2020 den Sprung in den Emoji-Olymp von „Weixin“ schaffte. Im Westen würde man ihm statt Melone wohl lieber Nüsschen oder Popcorn in die Hand drücken. Er steht nämlich für Schaulustige, die ein Spektakel – online oder offline – entspannt vom Rande aus beobachten und sich königlich amüsieren, ohne selbst in die Schusslinie zu geraten, zum Beispiel durch das bloße Mitlesen von Onlineposts und -kommentaren. Solche Zeitgenossen nennt man in der chinesischen Internetsprache 吃瓜群众 chīguā qúnzhòng (wörtl. „Wassermelonenmenschenauflauf“). Und jetzt hat diese Spezies in China eben auch ihr eigenes Emoticon.
Etwas weniger Knobelfaktor versprechen die kleinen Pinguine (企鹅 qǐ’é) im digitalen Sticker-Sortiment. Sie sind schlichtweg Varianten des Firmenlogos der WeChat-Betreiberfirma Tencent. Und selbst wenn Ihnen in China eine vertraute Bekanntschaft einen rosa Schweinskopf aufs Display drückt, ist das keineswegs Grund zur Sorge. Er ist bloß eine Anspielung auf das Kosewort 猪头 zhūtóu „Schweinskopf“, das in China gerne als neckische und durchaus liebenswürdig gemeinte Anrede unter guten Freunden und Liebenden gebraucht wird.
Wirft jemand einen Mahjong-Stein in die Runde, kommt es darauf an, was drauf steht. Das Schriftzeichen 发 fā (oder 發 in der Langzeichenvariante) steht für 发财 fācái „reich werden“. Ihr Chat-Partner wünscht Ihnen also finanziell und geschäftlich nur das Beste. Die Aufschrift 南 nán, eigentlich „Süden“, wird hingegen identisch ausgesprochen wie das Schriftzeichen 难 nán „schwierig“, weshalb sich der Spielstein als Emoji-Synonym für „es schwer haben“ durchgesetzt hat.
Winkt Ihnen ein Smiley mit ausgestrecktem kleinen Finger und Daumen entgegen, dem chinesischen Handzeichen für die Zahl 6, gepaart mit dem Schriftzug „666“ sehnt Ihr Gegenüber Sie nicht etwa in Teufels Küche, sondern wünscht im Gegenteil gutes Gelingen. Denn die Zahl 6 (六 liù) klingt in China ganz ähnlich wie das Wörtchen流 liú „reibungslos verlaufen, fließen“. Die Ziffer wird daher mit dem erfolgreichen Vorankommen beruflicher und anderer Vorhaben assoziiert.
Die eigentliche Tücke lauert – wer hätte es ahnen können – in dem Emoticon, das am handzahmsten daherkommt. Nämlich dem milde lächelnden Standard-Smiley. Denn der hat sich unter jungen Chinesen zu einem kleinen No-Go entwickelt. Wer ihn sendet, übermittelt seinem Gesprächspartner nicht etwa freundlich-wohlwollende Nähe, sondern eher distanzierte Höflichkeit im lächelnden Gewand. Viele chinesische Internetnutzer fassen das Emoji mittlerweile als ironisches Zeichen reservierter Unterkühltheit und bewusster Distanzierung auf. Alternativ also bitte lieber den euphorischeren, Zähne zeigenden Grinse-Smiley oder die verschämte rotbäckige Variante direkt darunter – damit sind sie mimisch im chinesischen Netz auf der sicheren Seite!
Von Verena Menzel
Die wichtigsten chinesischen Vokabeln rund um Chinas beliebteste Social-Media-App
"Gefühlschaos" ... in 20 Worten
Hier findest du für jede Stimmungslage das passende chinesische Adjektiv. Ab in die Gefühlsachterbahn!
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"Daddy-Duft"
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"iMenschen"
fàngyáng
"das Schaf rauslassen"
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"Rollen-Kollaps"
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"Backsteine schleppen"
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hǔnián
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"YYDS"
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"Pssst!"
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dǎ jiàngyóu
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"Fische tätscheln"
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"Eisärmel"
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"rohes Fleisch nagen"
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"Von wegen Gegensätze"
bǐxīn
"Herzensschnipper"
duō hē rèshuǐ
"Trinkt mehr warmes Wasser!"
bèi lǜ le
"gegrünt werden"
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"Aufgehuhnte Kinder"
biǎoqíng
"Chinesische Emoticons"
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"Gendern auf Chinesisch"
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"Influencer, Internetstars"
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