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„Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt“, formulierte es einst der Sprachphilosoph Ludwig Wittgenstein sehr treffend. Mit jeder neuen Chinesisch-Vokabel setzt sich also das mentale China-Puzzle ein Stück weiter zusammen. In unserer Chinesisch-Kolumne bringen wir spannende Besonderheiten und aktuelle Entwicklungen zur Sprache.
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Verschwörungstheoretiker und Zahlenmystiker aufgepasst! Könnte die Zahlenreihe 1111, die uns in China momentan überall auf Internetseiten und Plakatwänden entgegenkreischt, vielleicht eine tiefere Bedeutung verschlüsseln? Tut sie tatsächlich. Die geheime Botschaft lautet: „kaufen, kaufen, kaufen“ (买买买 mǎi mǎi mǎi)! Denn alljährlich am 11.11. wird in China ein närrischer Shoppingkarneval zelebriert. Onlinehändler und Geschäfte liefern sich meist schon Wochen vorher eine wilde Preisschlacht und pflastern den öffentlichen und den virtuellen Raum mit entsprechenden Werbebotschaften zu. Berauschte Shoppingvictims sind dann beim Endspurt am 11. November manchmal schon fast zu erschöpft (oder finanziell ausgeblutet), um noch einmal den „Kaufbutton“ zu klicken.
Erfunden hat’s Alibaba, besser gesagt das Portal Tabao Mall (heute Tmall 天猫 Tiānmāo) und zwar im Jahr 2010. Gut, ein bisschen abgekupfert wurde beim amerikanischen Vorbild des Black Friday, der ebenfalls traditionell im November stattfindet. In China war Taobao aber das erste E-Commerce-Portal, dass eine spezielle November-Promotionaktion startete.
Die Datumswahl kam nicht von ungefähr: Für die junge, kauffreudige Zielgruppe war der 11.11. in China nämlich praktischerweise schon länger ein inoffizieller „Feiertag“, an dem viel konsumiert wurde. Weil sich an diesem Datum auf dem Kalenderblatt vier einsame Einsen zusammengesellen, wurde der Tag von Chinas Jugend zum „Tag der Singles“ erklärt (光棍节 guānggùnjié „Singletag“, 光棍 guānggùn – wörtlich „kahler Stock“ – ist die umgangssprachliche Bezeichnung für „Junggeselle, Junggesellin“). Viele Chinesen organisieren zu diesem Anlass Dinnerpartys, Datingtreffen und andere Get-togethers.
Im traditionellen Einzelhandel war das „Singlefest“ lange jedoch eine Zeit gähnender Leere. Fällt der Tag doch genau in die Periode zwischen der Nationalfeiertagswoche um den 1. Oktober und dem Beginn des Weihnachts- und Frühlingsfestgeschäfts (ja, auch ersteres gibt es mittlerweile in China). Taobao wagte also ein Shopping-Experiment, der Rest ist Geschichte. Heute ist der Konsumfeiertag online wie offline ein Selbstläufer und hat unter dem Namen „Doppelelf(fest)“ (双十一 shuāngshíyī – von 双 shuāng „Paar, doppelt“ und 十 一 shíyī „elf“) längst Eingang ins Alltagsvokabular der Chinesen gefunden.
Hier noch einige weitere Zahlenfolgen, mit denen Sie sich als Chinakenner profilieren können: 51 (五一 wǔ-yī: Tag der Arbeit am 1. Mai, oft auch als Bezeichnung für die nachfolgenden freien Tage gebraucht), 61 (六一 liù-yī: der internationale Kindertag am 1. Juni), 10-1 (十一 shíyī: Chinas Nationalfeiertag am 1. Oktober und die anschließende Feiertagswoche), 38 (三八 sānbā: internationaler Frauentag am 8. März – Achtung! Das Wort wird gemeiner Weise auch als Schimpfwort mit der Bedeutung „blöde Kuh, dumme Schnepfe“ verwendet).
Eine Zahl hat sogar den lexikalischen Sprung zum Adjektiv geschafft – nämlich die 2, chinesisch 二 èr! Wenn Ihnen in China jemand sagt, Sie seien sehr „zwei“ (你很二! Nǐ hěn èr!), ist das allerdings alles andere als doppelter Grund zur Freude. In der Umgangs- und Internetsprache beschreibt „zwei“ heute seltsame Verhaltensweisen oder eine schräge Optik. Jemand, der „zwei“ ist, kommt also „schräg“, „seltsam“, „freaky“, „komisch“ oder sogar ein bisschen „bekloppt“ rüber.
Die neue Verwendungsweise geht teils auf Dialekteinflüsse zurück, da es in zahlreichen chinesischen Mundarten (方言 fāngyán) unterschiedliche abwertende Begriffe gibt, in denen das Zeichen 二 (èr) auftaucht. Verwandt ist sie aber auch mit einer anderen „geflügelten“ Zahl, die Sie sich merken sollten, nämlich „zweihundertfünfzig“ (二百五 èrbǎiwǔ) wie in „Er ist eine 250“ (他是个二百五 Tā shì ge èrbǎiwǔ.). 250 ist in China ein Synonym für „Idiot, Depp, Trottel“. Wer hätte damit gerechnet.
Von Verena Menzel
jìsuàn
Vom kleinen Einmaleins bis zu Prozentangaben - hier gibt's alle wichtigen chinesischen Ausdrucksweisen rund um das Thema Rechnen!
diēwèir
"Daddy-Duft"
àirén
"iMenschen"
fàngyáng
"das Schaf rauslassen"
rénshè bēngtā
"Rollen-Kollaps"
hǔbèi-xióngyāo
"Tigerrücken & Bärentaille"
bānzhuān
"Backsteine schleppen"
zhínán’ái
"Chauvi-Cancer"
hǎiwáng
"Poseidon-Playboy"
hěn cài
"Voll gemüsig"
xiānán
"Garnelen-Guys"
kāichē
"Anzügliche Autofahrten"
chuànmén
"Besuchsmarathon"
tùnián
"Hasenjahr"
huángtáo guàntóu
"eingelegte Pfirsiche"
tuōkǒuxiù
"Stand-up-Comedy"
bēiguō
"Topfträger"
dàijià
"Vertretungsfahrer"
xiéyīngěng
"Wortspiele"
guāzǐliǎn
"Guazi-Kult"
zhìyù
"So geht Entschleunigung in China"
fàng gēzi
"Tauben fliegen lassen"
tiàocáo
"Futtertrog-Hopping"
diàndēngpào
"(überflüssige) Glühbirne"
hǔnián
"Tiger, Tiger, Tiger"
bàofùxìng xiāofèi
"Rachekäufe"
yǒngyuǎn de shén
"YYDS"
shuāngshíyī
"Doppelelffest"
xxxu
"Pssst!"
sùliào pǔtōnghuà
"Plastikchinesisch"
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"Fannudeln"
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"ein Mosaik legen"
dǎ jiàngyóu
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"Oolong-Tor"
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"Gräschen pflanzen"
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"Fische tätscheln"
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"Eisärmel"
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"rohes Fleisch nagen"
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"einen auf Versailles machen"
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"Von wegen Gegensätze"
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"Herzensschnipper"
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"Trinkt mehr warmes Wasser!"
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"Aufgehuhnte Kinder"
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"Influencer, Internetstars"
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