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„Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt“, formulierte es einst der Sprachphilosoph Ludwig Wittgenstein sehr treffend. Mit jeder neuen Chinesisch-Vokabel setzt sich also das mentale China-Puzzle ein Stück weiter zusammen. In unserer Chinesisch-Kolumne bringen wir spannende Besonderheiten und aktuelle Entwicklungen zur Sprache.
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Was gibt tiefste Einblicke in die Seele einer Nation? Genau – das Unterhaltungsfernsehen! Und wer das in China anknipst, wird sich nach einer Weile sicherlich verdutzt die Augen reiben und an seiner Sehschärfe zweifeln. Denn in chinesischen Lifestyle-, Entertainment- und Reality-Formaten wird es in jüngster Zeit immer häufiger verschwommen. Nein, hier hat niemand mit Fettfingern auf die Kameralinse gegrapscht und es ist auch kein grauer Star im Anflug. Die unscharfen Stellen gehören sich so. Es handelt sich um ein fachmännisch gelegtes Medienmosaik chinesischer Prägung. 打马赛克 dǎ mǎsàikè – wörtlich „ein Mosaik schlagen/legen“ – nennt man das Ganze. Auf Deutsch übersetzt einfach „verpixeln“. Und gepixelt wird in Chinas Unterhaltsindustrie mittlerweile was das Zeug hält.
Hier die aktuellen Top 5 der Mosaik-Vokabeln aus Chinas Showzirkus:
Nummer 1: 纹身 wénshēn – „Tattoos“
Tätowierungen und andere unerwünschte Körperverzierungen, die das Publikum auf dumme Gedanken bringen könnten, werden in China in der Nachbearbeitung neuerdings feinsäuberlich rausgepixelt. „Mosaike“ kommen dabei zum Beispiel auch über punkige Ohrringe (耳环 ěrhuán), die das Ohrläppchen stark aufdehnen, oder religiöse Symbole jeder Art (z.B. Kreuzkettchen). Wer als Showteilnehmer Mitleid mit den emsigen Bienchen der Postproduktion hat, verdeckt Hautverzierungen und Ähnliches in vorauseilendem Gehorsam freundlicher Weise gleich selbst, z.B. durch langes Beinkleid, großflächige Pflaster oder hautfarbene Armüberzieher. (Auch über all dies also bitte nicht wundern.)
Nummer 2: 品牌 pǐnpái – „Produktmarken“
T-Shirts, Schuhe und Kopfbedeckungen mit deutlich erkennbarem Firmenlogo? Auch das ist ein Fall für Chinas Pixel-Polizei! Denn Bildschirmpräsenz gibt es natürlich nur gegen Bares. Ansonsten wird digital nachgepflastert.
Nummer 3: 赞助商 zànzhùshāng – „Sponsoren“
Moment mal, die haben doch bezahlt! Ja, aber eben vielleicht nicht für alle Sendelagen. Schließlich werden Showformate von den Produktionsfirmen in Zeiten von Multimedia natürlich über unterschiedliche Kanäle verwurstet (z.B. Fernsehen, zahlpflichtige Streamingdienste, kostenlose Videos im Netz etc.). Und jedes Ausstrahlungsformat lassen sich die Firmen üppig extra vergüten. Nur wer also die gesamte „Werbeflatrate“ bucht, darf auch überall sein Logo in die Kamera halten. Ansonsten gilt auch hier: sorry, Pixelschwamm drüber.
Nummer 4: 工作人员 gōngzuò rényuán – „Mitarbeiter“
Zwar geht hinter den Kulissen ohne sie nichts, aber in der Kulisse sollten Techniker, Kameraleute, Visagisten, Assistenten, Berater und Co. dann bitte doch nicht auftauchen. Wabert also eine geistermäßig-verschwommene Personenwolke durchs Bild, handelt es sich höchstwahrscheinlich um einen nachträglich rausgepixelten Mitarbeiter. Oder…
Nummer 5: 翻车的人 fānchē de rén – „in Ungnade Gefallene“
Treue Leser werden sich noch an Kolumne 19 erinnern, in der wir den Ausdruck 翻车 fānchē „etwas an die Wand fahren“ beleuchtet haben (wörtl. „der Wagen überschlägt sich“). In jüngster Zeit purzeln immer häufiger und rascher Stars und Sternchen aus dem chinesischen Promihimmel in die Shitstorm-Hölle, indem sie ihre Karriere aus verschiedensten Gründen an die Wand fahren. Das geschieht manchmal so schnell und unerwartet, dass Entertainmentformate mit dem konsequenten Herausschneiden oder gar einer Neubesetzung der in Ungnade gefallenen Celebrities nicht hinterherkommen. Da hilft als Lastminute-Lösung nur ein modisches Ganzkörper-Pixelkleid. Aber Mosaik ist ja, wie wir gesehen haben, auf chinesischen Bildschirmen derzeit groß in Mode.
Von Verena Menzel
宅男,宅女
zháinán, zháinǚ
Hier geht's zu der Bevölkerungsgruppe, die wohl die meisten Mosaike sieht...
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