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„Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt“, formulierte es einst der Sprachphilosoph Ludwig Wittgenstein sehr treffend. Mit jeder neuen Chinesisch-Vokabel setzt sich also das mentale China-Puzzle ein Stück weiter zusammen. In unserer Chinesisch-Kolumne bringen wir spannende Besonderheiten und aktuelle Entwicklungen zur Sprache.
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Dass Scherben eben doch nicht immer Glück bringen, belegt der chinesische Begriff 碰瓷 pèngcí – wörtlich „Porzellan anstoßen“ (瓷 cí bedeutet „Porzellan“ und 碰 pèng „berühren, stoßen, anprallen“ oder auch „begegnen, treffen“). In Wirklichkeit geht es bei diesem in der chinesischen Internet- und Umgangssprache beliebten Wort nicht um zerbrechliche Keramikwaren, sondern um delikate Situationen, in denen ein vermeintliches Opfer versucht, durch einen absichtlich provozierten oder nur vorgetäuschten Unfall Geld zu ergaunern. Ein Passant, der sich bewusst in den toten Winkel eines langsam einparkenden Ferraris stellt und dann theatralisch zu Boden fallen lässt? Pèngcí!
Ursprünglich soll der Begriff aus der alten chinesischen Händlersprache stammen und die gewiefte Praxis einiger unlauterer Geschäftemacher beschreiben, besonders zerbrechliche Waren bewusst an prominenten Stellen an der Straße oder in engen Durchgängen zu platzieren. Die perfide Hoffnung: Es wird sich schon ein tollpatschiger Kunde finden, der das Keramikgut versehentlich umreißt und so dafür aufkommen muss. In diesem Falle wurde also wirklich „Porzellan angestoßen“, während sich die Gauner von heute dagegen nur wie Porzellan anstellen.
Auf das Zeichen 碰 pèng – sinniger Weise eine Kombination aus den Komponenten „Stein“ 石 und „gleichzeitig, nebeneinander“ 並 (zwei Steine treffen also aufeinander) – trifft man übrigens auch noch in einigen anderen einprägsamen chinesischen Wortkreationen. Etwa in 碰碰车 pèngpèngchē für „Autoscooter“ (man hört es schon krachen) oder auch 碰头会 pèngtóuhuì für „kurzes Meeting“ (hier werden nur kurz die Köpfe zusammengestoßen).
Ein „Glückstreffer“ ist es dagegen, wenn eine „blinde Katze auf eine tote Maus stößt“ (瞎猫碰上死耗子 Xiā māo pèngshàng sǐ hàozi), die Geschichte mit dem blinden Huhn und dem Korn, Sie wissen schon. Aber hätten Sie auch gewusst, was der Chinese meint, wenn er sagt, er sei auf einen „Nagel gestoßen“ bzw. habe einen „Nagel angetroffen“ (碰钉子 pèng dīngzi)? Nun, in der alten feudalistischen Gesellschaft soll in China über den Eingangstüren der Residenzen einflussreicher Beamtenfamilien meist ein Türnagel gehangen haben. Suchten einfache Leute (老百姓 lǎobǎixìng) solche Familien wegen eines Anliegens auf, stießen sie meist auf verschlossene Türen und bekamen statt des erhofften Gesprächspartners nur den Türnagel zu Gesicht. Daraus hat sich die Redensart „einen Nagel antreffen“ entwickelt – auf Deutsch: eine Abfuhr oder einen Korb bekommen.
Von Verena Menzel
碰瓷
pèngcí
einen Unfall vortäuschen, (um Geld zu erpressen)
(wörtl. „Porzellan anstoßen“)
碰钉子
pèng dīngzi
"einen Korb bekommen"
diēwèir
"Daddy-Duft"
àirén
"iMenschen"
fàngyáng
"das Schaf rauslassen"
rénshè bēngtā
"Rollen-Kollaps"
hǔbèi-xióngyāo
"Tigerrücken & Bärentaille"
bānzhuān
"Backsteine schleppen"
zhínán’ái
"Chauvi-Cancer"
hǎiwáng
"Poseidon-Playboy"
hěn cài
"Voll gemüsig"
xiānán
"Garnelen-Guys"
kāichē
"Anzügliche Autofahrten"
chuànmén
"Besuchsmarathon"
tùnián
"Hasenjahr"
huángtáo guàntóu
"eingelegte Pfirsiche"
tuōkǒuxiù
"Stand-up-Comedy"
bēiguō
"Topfträger"
dàijià
"Vertretungsfahrer"
xiéyīngěng
"Wortspiele"
guāzǐliǎn
"Guazi-Kult"
zhìyù
"So geht Entschleunigung in China"
fàng gēzi
"Tauben fliegen lassen"
tiàocáo
"Futtertrog-Hopping"
diàndēngpào
"(überflüssige) Glühbirne"
hǔnián
"Tiger, Tiger, Tiger"
bàofùxìng xiāofèi
"Rachekäufe"
yǒngyuǎn de shén
"YYDS"
shuāngshíyī
"Doppelelffest"
xxxu
"Pssst!"
sùliào pǔtōnghuà
"Plastikchinesisch"
fěnsī
"Fannudeln"
tiáoxiū
"Ruhetagwechsel"
dǎ mǎsàikè
"ein Mosaik legen"
dǎ jiàngyóu
"Sojasoße schlagen"
pèngcí
"Porzellan anstoßen"
báicàijià
"Chinakohlpreise"
biāotídǎng
"Klickköder-Clique"
wūlóngqiú
"Oolong-Tor"
fānchē
"Karriere-Crash"
xuéxí-ing
"lern"-ing"
méng
"Mengmania"
zhòngcǎo
"Gräschen pflanzen"
tǎngpíng
"flachliegen"
mōyú
"Fische tätscheln"
bīngxiù
"Eisärmel"
kěn shēngròu
"rohes Fleisch nagen"
fán'ěrsài
"einen auf Versailles machen"
máodùn
"Von wegen Gegensätze"
bǐxīn
"Herzensschnipper"
duō hē rèshuǐ
"Trinkt mehr warmes Wasser!"
bèi lǜ le
"gegrünt werden"
jīwá
"Aufgehuhnte Kinder"
biǎoqíng
"Chinesische Emoticons"
TA
"Gendern auf Chinesisch"
chībō
"Essens-Livestream"
wǎnghóng
"Influencer, Internetstars"
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