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„Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt“, formulierte es einst der Sprachphilosoph Ludwig Wittgenstein sehr treffend. Mit jeder neuen Chinesisch-Vokabel setzt sich also das mentale China-Puzzle ein Stück weiter zusammen. In unserer Chinesisch-Kolumne bringen wir spannende Besonderheiten und aktuelle Entwicklungen zur Sprache.
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„Das sind ja Chinakohlpreise!“, könnten Sie doch zur Abwechslung einmal jauchzen, wenn Sie das nächste Mal durch das Werbeblättchen des Discounters Ihres Vertrauens blättern. Denn der Begriff 白菜价 báicàijià (白菜 báicài „Chinakohl“ und 价 jià von 价格 jiàgé „Preis“) ist die sympathische chinesische Version von „Schleuderpreis“ oder „Spottpreis“.
Seine Wurzeln findet das Wort in Chinas gemüseanbaumäßig eher weniger verwöhntem Norden. Hier landete Chinakohl in der kalten Jahreszeit einst mangels Alternativen bevorzugt auf dem Teller. Zwar sind die langgestreckten Kohlköpfe aus Anbauperspektive pflegeleicht und ertragsreich, aus Händlersicht jedoch leider sehr lagerplatzraubend. Wenn sie nach der Ernte zu Winteranfang in großen Mengen den Markt überschwemmten und sich in den Auslagen türmten, wurden sie deshalb zu Tiefstpreisen verhökert. Das Lagerungsproblem wurde dadurch im Übrigen aber nur „verlagert“, nämlich auf die Privathaushalte. Chinakohlhäufchen als Winterreserve gehörten in Peking lange zur alljährlich wiederkehrenden Stadtkulisse und begrünten Balkone und Hinterhöfe.
Mittlerweile hat sich der „Chinakohlpreis“ als gängiges Synonym für Tiefstpreise in ganz China durchgesetzt. Es gibt sogar ein bekanntes Online-Discountportal, das diesen Namen trägt. Man findet es unter der Webadresse „ibaicaijia.com“. In China heißt das Motto also nicht „Geiz ist geil“, sondern „Ich chinakohle!“.
Wer im Reich der Mitte auf Schnäppchenjagd geht, sollte außerdem noch einige weitere Discountvokabeln im Repertoire haben. So etwa die beliebte Lockangebotsformel 买一送一 (mǎi yī sòng yī), sprich: „Buy one, get one free“. Diese kreischt Besuchern chinesischer Malls und Märkte genau so oder in beliebigen Varianten – z.B. 买三送一 (mǎi sān sòng yī) oder noch besser 买一送二 (mǎi yī sòng èr) – von Werbepostern und Preisschildern entgegen. Contenance ist dagegen unter aufgepeitschten ausländischen Kaufwütigen geboten, wenn Rabatt-Versprechen mit dem Zeichen 折 zhé (von 打折 dǎzhé „einen Rabatt geben“) garniert sind. Denn anders als man es aus unseren Breiten gewohnt ist, verweisen diese Angaben nicht auf die Höhe des Rabatts, sondern auf den prozentualen Endpreis. Ein Beispiel: Preist ein chinesisches Geschäft einen 9折-Rabatt (jiǔzhé) an, sollte man nicht in verfrühten Freudentaumel verfallen. Hier ist nicht etwa ein unglaublicher Nachlass von 90 Prozent gemeint, sondern lediglich, dass das Produkt zu 90 Prozent des Ursprungspreises angeboten wird.
Ganz generell sollte man es mit der Pfennigfuchserei ohnehin auch in China nicht übertreiben, sonst folgt sprachlicher Spott auf dem Fuße. Geizkrägen nennt man in China nämlich „Geizgeister“ 小气鬼 xiǎoqìguǐ (von 小气 xiǎoqì „geizig“ und 鬼 guǐ „Geist“, ganz wörtlich eigentlich „Geister mit wenig lebensenergetischem Qi“), oder noch schlimmer „Blechgockel“ (铁公鸡 tiěgōngjī). Die Geflügelmetapher entstammt dem zweiteiligen Sprichwort 铁公鸡,一毛不拔 (tiěgōngjī, yī máo bù bá) – „einem blechernen Hahn lässt sich keine einzige Feder ausreißen“. Im Zweifelsfall empfiehlt es sich also, doch lieber ein paar Federn zu lassen, und dafür Gesicht zu wahren.
Von Verena Menzel
小气鬼
xiǎoqìguǐ
Pfennigfuchsen ... in 20 Worten
diēwèir
"Daddy-Duft"
àirén
"iMenschen"
fàngyáng
"das Schaf rauslassen"
rénshè bēngtā
"Rollen-Kollaps"
hǔbèi-xióngyāo
"Tigerrücken & Bärentaille"
bānzhuān
"Backsteine schleppen"
zhínán’ái
"Chauvi-Cancer"
hǎiwáng
"Poseidon-Playboy"
hěn cài
"Voll gemüsig"
xiānán
"Garnelen-Guys"
kāichē
"Anzügliche Autofahrten"
chuànmén
"Besuchsmarathon"
tùnián
"Hasenjahr"
huángtáo guàntóu
"eingelegte Pfirsiche"
tuōkǒuxiù
"Stand-up-Comedy"
bēiguō
"Topfträger"
dàijià
"Vertretungsfahrer"
xiéyīngěng
"Wortspiele"
guāzǐliǎn
"Guazi-Kult"
zhìyù
"So geht Entschleunigung in China"
fàng gēzi
"Tauben fliegen lassen"
tiàocáo
"Futtertrog-Hopping"
diàndēngpào
"(überflüssige) Glühbirne"
hǔnián
"Tiger, Tiger, Tiger"
bàofùxìng xiāofèi
"Rachekäufe"
yǒngyuǎn de shén
"YYDS"
shuāngshíyī
"Doppelelffest"
xxxu
"Pssst!"
sùliào pǔtōnghuà
"Plastikchinesisch"
fěnsī
"Fannudeln"
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"Ruhetagwechsel"
dǎ mǎsàikè
"ein Mosaik legen"
dǎ jiàngyóu
"Sojasoße schlagen"
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"Gräschen pflanzen"
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"Fische tätscheln"
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"Eisärmel"
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"rohes Fleisch nagen"
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"einen auf Versailles machen"
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"Von wegen Gegensätze"
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"Herzensschnipper"
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"Trinkt mehr warmes Wasser!"
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"Aufgehuhnte Kinder"
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"Chinesische Emoticons"
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"Gendern auf Chinesisch"
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"Essens-Livestream"
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"Influencer, Internetstars"
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